Rückblicke: Fahrtenberichte
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Schleusen- und sonnenreiche Lahntour
Von Monika Winter
Am Freitag, dem 30. Juni 1995, bauten wir unsere Zelte in einer Affenhitze auf dem knochenharten Platz des KC Wetzlar auf. Wir, das waren: Christa und Winfried Bähr, Mary und Mike Funke, Kuddel (= Rainer Gabriel), Heinz Lohse und Monika Winter. Mit unseren Booten planten wir bis zum 8. Juli eine Lahntour. Das Ziel war Bad Ems.
Samstag, der 1. Juli, war ebenfalls ein herrlicher Sommertag. Christa, Mary und Kuddel aklimatisierten sich bei einem Stadtbummel durch das alte Städtchen Wetzlar. Mike, Winni und Monika luden ihre Boote auf ein Auto und fuhren zum PC Wißmar, um von dort aus die landschaftlich sehr schöne schmale Lahn bis zum Standquartier zu paddeln. Wehre mit Bootsrutschen bremsen hier den Flusslauf. Da es sehr heiß war und die erste Bootsrutsche harmlos, fuhren wir sie mit „ohne Spritzdecken". Bei der nächsten Rutsche sah die ganze Geschichte von oben zwar etwas anders aus, aber wir legten die Spritzdecken einfach nur nachlässig über unsere Luke. Was sollte schon passieren, schließlich war es bei der ersten Bootsrutsche nur bergab gegangen. Doch unten angekommen, hatten eine Paddlerin und zwei Paddler ordentlich Wasser in den Booten. Nun wurde, was an der Lahn gar nicht so einfach ist, ein guter Ausstieg gesucht, um uns und die Boote trocken zu legen! Es gab eine vorgezogene, etwas längere Mittagspause...
Nach 25 km empfingen uns die Daheimgebliebenen am Bootssteg. Wir schlossen den Tag mit einem gemeinsamen Pizzabesuch und Stadtbummel durch das alte Wetzlar.
Wieder zurück auf dem Bootshausgelände schlug uns ein heftiger Knoblauchduft entgegen. Zwei Berliner Herren machten ebenfalls eine Lahntour und waren gerade dabei, sich als Abendessen eine ganze Pfanne voll Knoblauch zu braten! Wir kamen miteinander ins Gespräch und tauschten am gleichen Abend noch Adressen aus. Ihr Klub war der Berliner Sportverein der Akademie der Wissenschaften in Zeuthen (bei Berlin).
Am Sonntag, dem 2. Juli, ging dann unsere Lahntour richtig los. Geplant waren 26 Flusskilometer, von Wetzlar bis Weilburg.
Die ganze Nacht über hatte es gewittert. War das Donnergrollen vorüber, hielt uns superlaute Techno-Musik aus dem Ort wach. So krochen wir morgens nicht gerade ausgeschlafen aus den Zelten. Ebenfalls schlecht geschlafen hatte der Wettergott, den ganzen Morgen wechselten sich Schnür- und Nieselregen ab. Bei diesem Wetter Zelte abbauen, Gepäck verstauen, die Kajaks zum Wasser schleppen, das hob nicht gerade unsere Stimmung. Geschlagene zwei Stunden dauerte es, bis 7 Personen abfahrbereit waren.
Die Damenriege wurde zuerst in ihre Boote „gesetzt". Als männlicher Begleitschutz fuhr Kuddel mit. Und los ging’s. Nach 40 Minuten, kurz vor der nächsten Schleuse, hatten Mike, Winni und Heinz die Gruppe noch nicht eingeholt, es war auch nichts von ihnen zu sehen. Die Damenriege wusste mit weiblicher Intuition sofort, dass etwas passiert sein musste. Ein Motorbootfahrer wurde befragt, er hatte keine Paddler gesehen. So paddelten die Frauen langsam wieder zurück. Und dann tauchten die Männer auf und erzählten lachend, dass Winni beim Booteinsetzen mit Hut ins Wasser gefallen ist und komplett mit Hut wieder auftauchte! Darüber wurde nun gelästert und die ganze Gruppe hatte wieder eine gehobene Stimmung.
Unsere Mittagspause machten wir auf einer Wiese, die sich, als wir alle ausgestiegen waren, die Boote an Land gezogen und unsere Lebensmittel ausgepackt hatten, als Pferdekoppel herausstellte. Die Pferde hatten entschieden etwas dagegen, dass wir auf ihrem Gelände pausierten und trieben uns regelrecht wieder in die Boote zurück. Dabei rutschte Heinz auf glitschigem Untergrund aus und verlor einen Badelatschen, der munter die Lahn hinab trieb. Er warf den zweiten hinterher mit der ärgerlichen Bemerkung, er solle seinen Bruder suchen!
Die letzten 10 km vor Weilburg zog Gewitterstimmung auf, von vorne, von hinten, von beiden Seiten. Unsere Paddelschläge wurden immer schneller. Der Regen auch. Kurz vor dem Ziel öffnete der Himmel seine Schleusen (als wenn es davon zu wenig auf der Lahn geben würde..). Völlig durchnässt kamen wir beim RV Weilburg an. Die beiden Berliner Herren waren auch dort und halfen uns aus den Booten. Wir hatten alle nur einen Wunsch, eine heiße Dusche und anschließend was Anständiges zu beißen! Zelte aufbauen im strömenden Regen blieb uns erspart, da der RV Weilburg ein sehr schönes Gelände mit überaus gepflegtem Rasen hat, auf dem keine Zelte aufgebaut werden dürfen. Dafür konnten wir oben auf der extra dafür vorgesehen Empore schlafen. Auch ein Erlebnis. Dicht an dicht in einer langen Reihe, einige schnarchen selig und halten die anderen wach...
Montagmorgen, 7.45 Uhr, allgemeines Aufstehen. Das Wetter schien trocken zu bleiben. Nach dem Frühstück ging es wieder in die Boote. Unser Tagesziel hieß Arfurt, bei Kilometer 61, zu paddeln 22 km. Die Lahn hat unmittelbar hinter dem RV Weilburg zwei Doppelschleusen. Man fährt in einen stockdunklen Tunnel fährt einige hundert Meter nur auf einen kleinen Lichtpunkt zu. Nicht unbedingt für Leute geeignet, die sich im Dunklen fürchten. Alle Schleusen waren mit der Hand zu bedienen. Wir Damen blieben in den Booten sitzen, die Herren wechselten sich mit dem Kurbeln ab. Kuddel dichtete dazu ein kleines Lied: Oh, wie schön ist Kuscheln in der Schleuse, ich in der Mitte, links und rechts zwei Mäuse!
Unsere Mittagspause hielten wir auf der Schleuseninsel Fürfurth, Mike machte die ganze Zeit über wunderschöne Bilder von der Lahn und der KKI-Gruppe, allerdings hatte er keinen Film im Fotoapparat!
Unsere Boote flitzten nur so dahin. Durch den vielen Regen hatte die Lahn Zuschusswasser zwischen 20 und 30 cm. Am Ziel angelangt, stand der Bootssteg unter Wasser. Also nahmen wir alle ein Fußbad. Um zum Übernachtungsplatz zu kommen, mußten die Boote mit Gepäck über Treppen und Stiegen durch einen Bahntunnel hindurch geschleppt werden. Für die Männer eine echte Plackerei mit blauen Flecken. Dann das Übliche: Boote ausladen, Zelte aufbauen, dicht an der Bahnstrecke. Das wurde eine unruhige Nacht und wir brauchten morgens keinen Wecker. Abendessen in einer nahegelegenen Gaststätte, doch das Essen war ziemlich verbruzzelt. Aber was soll’s: unsere Stimmung war gut und wir nahmen alles mit viel Humor!
Dienstag, 4. Juli, Tagestour Arfurt bis Limburg, 16 km. Ein herrlicher Morgen! Optimales Paddelwetter! Und gefrühstückt wurde in der Gaststätte. Wir wurden immer schneller beim Zelte abbauen und Boote beladen. Übung macht den Meister. Allerdings war es für die Männer wieder eine ganz schöne Plackerei, die Boote zur Lahn zu tragen. Die ganze Bande ging fröhlich auf den Bach und wir machten weiterhin gute Fahrt. Die Lahn gefiel uns immer besser. Zeitweise war keine Zivilisation zu spüren, nur bewaldete Hügel, Wiesen. Mal windet sich der Fluss durch ein schmales Tal, mal durch ein breites. Kleine Dörfer hin und wieder. Die Bahnlinie begleitete uns immer, aber nur ab und an fuhr ein Zug. Oft war nichts anderes zu hören als ... Stille ... (das heißt, wenn unsere Truppe die Klappe hielt, denn es wurde viel gelacht, gescherzt, gelästert!).
Herzlich gelacht wurde in der Schleuse bei Runkel. Winni war diesmal an der Kurbel und guckte „zweifarbig", da ihm ein Sonnen-Brillenglas aus der Fassung gefallen war.
Es war heiß geworden, unsere Mittagspause machten wir in Dietkirchen, kurz vor Limburg. Der Ort lag in der Mittagshitze wie in einem Dornröschenschlaf. Wir fanden kein geöffnetes Geschäft, keine Gaststätte. Kein Mensch auf der Straße, keine dösende Katze. Nicht mal ein Hund kläffte, als wir durch den Ort gingen! Hoch oben auf den Felsen steht wie eine Festung die Lubentiuskirche. Da hinauf wanderten wir. Ein schöner Blick über das Lahntal, aber hier gab es auch nichts zu trinken. Durstig stiegen wir wieder in die Boote und paddelten die restlichen Kilometer bis Limburg.
Der Platz des ESV Limburg war total überfüllt! Eine Schulklasse hatte sich mit ihren Zelten so ausgebreitet, dass wir Mühe hatten, irgendwie unsere Zelte aufzustellen. Aus Platzmangel hingen unsere Zeltwände alle ein bisserl schlaff herunter. Duschen wurde auch zum Problem bei diesem Menschenauflauf. Die Damenriege schaffte es, in einer Dreiviertelstunde bis zum Geschäftsschluss ihre Einkäufe zu tätigen, und zwar bei Schlecker, Apotheke, Sportgeschäft, Biwakladen, Karstadt, Tschibo und auf dem Marktplatz! Und das in einer unbekannten Stadt!
Am folgenden Tag hatten die Boote frei. Sie lagen am Ufer und ihre Polyesterhaut tankt Sonne. Es war herrliches Sommerwetter, stets wehte ein frischer Wind. Wir bummelten durch das alte Limburg, in der Ausgehkleidung frisch aus dem Packsack. Damen in Crinkle, die Herren in Shorts. Wir besichtigten den Dom, durchstreiften kleine Geschäfte, saßen gemütlich in Straßencafes und liessen den Tag einfach so verstreichen. Urlaub.
Am nächsten Tag, Donnerstag, 6. Juli, waren wir wieder richtig „heiß", in unsere Boote zu kommen! 26 km lagen vor uns, diesmal ging es von Limburg aus nach Laurenburg. Die Strecke zog sich. Es war windstill und heiß, die Sonne brannte uns auf die Köpfe. Der Bach wurde immer zäher, da sehr gestaut, die Kilometer immer länger, wir „lahmten" über die Lahn. Der Platz in Laurenburg war ebenfalls ziemlich überfüllt, wieder kaum Platz für die Zelte. Doch die Gaststätte auf dem Platz war sehr gut, die Schnitzel ein Gedicht. Der Wetterbericht sagte weiterhin diese Wetterlage voraus, deshalb planten wir, am nächsten Morgen so früh wie möglich aufzubrechen, um die kühle Morgenluft auszunutzen. Unser Ziel: Bad Ems.
Freitag, 7. Juli, Laurenburg – Bad Ems, 21 km. Und die KKI-Truppe schaffte es tatsächlich, bereits um 7.00 Uhr morgens auf dem Bach zu sein! Abbau der Zelte, Boote beladen, Frühstück, das alles lag schon hinter uns! Aber: von Morgenkühle keine Spur, es war jetzt schon richtig heiß! Das Lahntal ist hier wieder sehr schmal, der Fluss wird immer breiter, eng stehen die bewaldeten Hügel am Wasser. Die Hitze stand in den Tälern.Dennoch fuhren wir voller Elan bis zur nächsten Schleuse, gar nicht weit von Laurenburg weg. Inzwischen hatten die Schleusen einen Schleusenwärter, wir brauchten nicht mehr zur kurbeln. Dafür wurde aber diese Schleuse erst ab 10.00 Uhr geöffnet. Also lungerten wir eine halbe Stunde frustriert vor der Schleuse herum, denn bei der Hitze die Boote umtragen, das war uns zu anstrengend.
Die Mittagspause machten wir in Nassau. Mike machte direkt nach dem letzten Bissen ein Mittagsschläfchen am Tisch! In der größten Mittagshitze ging es wieder weiter nach Bad Ems. Mike und Winni gingen sofort zum Bahnhof und fuhren mit dem Zug zurück nach Wetzlar, um ihre Autos schon einmal bis hierhin zu holen. Abends bummelten wir durch den hochsommerlichen Kurort Bad Ems. Und auf dem Rückweg zum Campingplatz genossen wir es, im Auto auf „weichen Sitzen" zu sitzen!
Samstag, 8. Juli, letzte Tour von Bad Ems bis Lahnstein, 14 km. Auch unser Rückreisetag. Der Tag begann mit Affenhitze. Nach dem Aufstehen wurden erst einmal die Autos mit allem Gepäck beladen, was wir nicht mehr benötigten. Wir frühstückten gemütlich zum letzten Mal zusammen in der Campinggaststätte und brachen dann mit „Notgepäck" auf.
4 Schleusen lagen vor uns. Was haben wir uns nur mit diesem letzten Tag angetan! Endloses Stauwasser. Kaum waren wir aus einer Schleuse raus, kam schon die nächste! Diese mußten wir uns auch noch mit Motorbootfahrern teilen. Es war Wochenende, die Lahn mündete bald in den Rhein, also waren viele Wassersportler, oftmals mit kleinen Yachten, unterwegs. Der Umgangston in den Schleusen war zwischen unserer Paddlergruppe und den Motorbootfahrern nicht gerade höflich. Wir kamen gereizt und ziemlich kaputt in Lahnstein an. Mike und Winnie marschierten wieder sofort zum Bahnhof, um die Autos aus Bad Ems zu holen. Wir anderen suchten uns eine Eisdiele zur Abkühlung. Diesmal hielt Kuddel vor seinem Eisbecher ein Schläfchen. Als unsere Fahrer zurück waren, verluden wir die Boote und fuhren zurück nach Essen zum KKI.
Eine gute Woche waren wir auf Tour. Einige von uns sind 135 Flusskilometer gepaddelt, andere 160 km. Und der Wettergott hatte bereits ab dem zweiten Tag ein Einsehen, er schickte durchgehend wunderschönes Sommerwetter!
Abends um halb 8 kamen wir an. Beim KKi war richtig was los. Wir wurden beäugt und irgendeiner der anwesenden KKI’er machte eine passende Schlussbemerkung: „Gruppe spricht noch miteinander ..... muss also super gewesen sein!"
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